Naturstoffgenomik
Präklinische in vitro-Testung von Naturstoffen
Institution: Institut für Pharmazeutische Biologie, Goethe-Universität Frankfurt
Naturstoffe sind chemische Substanzen, die von lebenden Organismen produziert werden. Aufgrund ihrer Fähigkeit mit biologischen Systemen zu interagieren, sind sie sehr gut als Leitstrukturen in der Arzneistoffforschung geeignet. Ihre Bedeutung zeigt sich insbesondere in der Tatsache, dass zwei Drittel aller zugelassenen Medikamente im direkten Zusammenhang mit Naturstoffen stehen.
Unser Projekt zielt darauf ab, Naturstoffe, die innerhalb des LOEWE-TGB-Konsortiums entdeckt wurden, präklinisch im Bereich der Entzündung und Tumorangiogenese zu untersuchen. Wir werden uns auf die Wirkung dieser Substanzen auf Endothelzellen konzentrieren. In-vitro-Screening-Assays werden genutzt, um die Fähigkeit der Naturstoffe zu testen, die Interaktion von Leukozyten mit aktivierten Endothelzellen sowie verschiedene Angiogenese-assoziierte Prozesse zu beeinflussen. Die interessantesten bioaktiven Naturstoffe sollen dann im weiteren Projektverlauf auf ihre Wirkungsmechanismen untersucht werden.
Von den 68 bisher untersuchten bakteriellen Rohextrakten haben zwei Substanzgruppen eine erhöhte Bioaktivität aufgewiesen: Glidobactin und Xenocoumacin 2. Die pharmakologischen Eigenschaften von Xe- nocoumacin 2 sind besonders vielversprechend. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieser Naturstoff vor Entzündungen schützt und die Entstehung neuer Blutgefäße (Angiogenese) inhibieren kann. Darüber hinaus hemmt Xenocoumacin 2 das Wachstum einiger Tumorzelllinien – und das bei geringen zytotoxischen Effekten auf primäre Endothelzellen. Der zugrundeliegende Wirkmechanismus von Xenocoumacin 2 wird nun eingehender untersucht (Erkoc et al. in rev.).
Auch unter den 18 bisher analysierten Flechtenextrakte gab es interessante Entdeckungen: drei der untersuchten Stoffe zeigen eine biologische Aktivität (Ingelfinger et al. 2020). Den Flechten-Metaboliten Lecanorsäure, Usninsäure und Evernsäure konnte zudem ein chemotherapeutisches Potenzial zugewiesen werden.
Expertise / Methoden
- Entzündung
- Angiogenese
- Tumormetastase
- menschliche Zellkultur
- Zellbiologie
- Biochemie und Molekularbiologie
- Funktionelle in vitro Testsysteme
- High-Content, medium throughput screening
- Identifizierung molekularen Mechanismen
- Molekulare Pharmakologie
TBG Projekt-Team
- Prof. Dr. Robert Fürst
- Dr. Pelin Erkoc-Erik
- Dr. Rebecca Ingelfinger
Publikationen
Bode E, Heinrich AK, Hirschmann M, et al. (2020). Promoter activation in Δhfq mutants as an efficient tool for specialized metabolite production enabling direct bioactivity testing. Angewandte Chemie (International Edition), 58(52),18957-18963.
Ingelfinger R, Henke M, Roser L, et al. (2020). Unraveling the pharmacological potential of lichen extracts in the context of cancer and inflammation with a broad screening approach. Frontiers in Pharmacology, 11, 1322.
Erkoc P, Schmitt M, Ingelfinger R, Bischoff-Kont I, et al. Xenocoumacin-2 reduces protein translation and inhibits inflammatory and angiogenesis-related processes. Biomedicine and Pharmacotherapy.
Blum L, Geißlinger G, Parnham MJ, et al. (2020a) Natural antiviral compound silvestrol modulates human monocyte-derived macrophages and dendritic cells. Journal of Cellular and Molecular Medicine, 24(12), 6988-6999.
Bischoff-Kont I, Brabenec L, Ingelfinger R, et al. (2021). BNO 1095, a standardized dry extract from the fruits of Vitex agnus-castus, impairs angiogenesis-related endothelial cell functions in vitro. Planta Medica.