Weichtier des Jahres 2021: Der Große Argonaut (Argonauta argo)
Foto: Marco Gargiulo
Der Große Argonaut (Argonauta argo) ist eine Oktopusart, die nahe an der Wasseroberfläche lebt und nur wenig Ähnlichkeit mit ihren bekannteren Verwandten hat, die meistens am Meeresboden zu finden sind. Das Argonauten-Weibchen hat speziell angepasste Arme, welche Rudern ähneln, und mit deren Hilfe sie eine hauchdünne Porzellanschale bilden kann. Die einzigartige Schale dient dem weiblichen Tier als Boot und auch als Schutzhülle für ihre Eier. Das viel kleinere Argonauta-Männchen bildet dagegen keine Schalenhülle aus. Argonauten gelten als gefräßige Raubtiere, die ihre Beute beißen und ein Gift injizieren, das in ihrer Speicheldrüse produziert wird. Obgleich diese kuriosen Meeresbewohner nur selten beobachtet werden, haben sie durch ihr besonderes Aussehen die Fantasie von Menschen aus aller Welt beflügelt.
Studien legen nahe, dass sich die Gruppe der Argonauten schon früh in ihrer Evolutionsgeschichte von den übrigen, überwiegend benthisch lebenden Kraken (Octopoda) getrennt hat. Diese Tiere könnten daher einige Merkmale der Vorfahren der Oktopusse beibehalten haben. Gleichzeitig haben sie aber auch einzigartige Anpassungen, wie ihre porzellanartige Schale, entwickelt. Mit der Entschlüsselung des Genoms hoffen die Forscher*innen neue Erkenntnisse über diese sagenhaften Tiere zu gewinnen.
Zur Pressemitteilung
Die fünf Mollusken-Kandidaten für "The Mollusc of the Year 2021"
Sypharochiton pelliserpentis, Foto: Priscila Salloum
Sypharochiton pelliserpentis, die Schlangenhaut- Käferschnecke
Was sind das für Tiere?
Ein Chiton (Klasse Polyplacophra), auch Käferschnecke genannt, ist ein ausschließlich marines Weichtier, dessen Fossilien 400 Millionen Jahre zurückreichen.
Wo leben sie?
Sypharochiton pelliserpentis ist die einzige Käferschneckenart, die in den Gezeitenzonen Neuseelands zu finden ist. Alle anderen Käferschneckenarten vertragen es nicht, für längere Zeiten der Luft ausgesetzt zu sein. Sypharochiton pelliserpentis ist auch in Tasmanien, Victoria und New South Wales in Australien verbreitet.
Wie sehen sie aus?
Schlangenhaut-Käferschnecken haben acht farbige und skulpturierte Einzelplatten. Diese Platten ermöglichen ihnen flexible Bewegungen, das Kriechen über komplexes Terrain und das Einrollen in eine schützende Kugel. Die Zähne bestehen aus Eisenmagnetit. Das namensgebende Element ist jedoch ein Gürtel, der alle acht Platten mit Schuppen umgibt, die ein einzigartiges Schlangenhaut Muster aufweisen.
Welche Geheimnisse wird dieses Genom lüften?
Da diese Tiere in der Gezeitenzone leben, sind sie im Vergleich zu anderen Käferschnecken etwas Besonderes. Während sich andere Arten nicht lange außerhalb des Wassers aufhalten können, weil sie sonst austrocknen würde, sind die Schlangenhaut-Käferschnecken in der Lage einen Verlust von 75% ihres gesamten Körperwassers zu tolerieren. Diese Art kommt auch sehr gut mit großen Schwankungen der Temperatur und des Salzgehaltes zurecht, da sie ihr Verhalten so anpassen kann, um die Auswirkungen von Umweltstress zu minimieren. Wenn Sie die Geheimnisse dieser besonderen Anpassung wissen wollen, stimmen Sie für die Entschlüsselung dieses Genoms!
Spirula spirula, Foto: Víctor Tuset
Spirula spirula, das Posthörnchen oder der Widderhornkalmar
Was sind das für Tiere?
Ein winziger, auf dem Kopf stehender Tintenfisch mit einem gewundenen Gehäuse, aus der Klasse Cephalopoda.
Wo leben sie?
In Meeren auf der ganzen Welt, normalerweise in tropischen und subtropischen Regionen, in einer Wassertiefe von 100-1000 m unter der Oberfläche.
Wie sehen sie aus?
Dieser lustige kleine Tintenfisch wurde im Jahr 2020 erstmals auf Video festgehalten. Er schwimmt im „Kopfstand“ mit seinen Armen nach oben und seinem Kopf nach unten. Diese Tintenfische haben ein inneres Gehäuse, das zu einer flachen Spirale aufgerollt ist, die viele Kammern hat, die den Auftrieb kontrollieren und dem Tier helfen, sich in der Wassersäule nach oben oder unten zu bewegen. Sie haben zwei kleine Flossen an der Unterseite, auf beiden Seiten der Schale, Arme und Tentakel wie ein Tintenfisch, und große verträumte Augen.
Welche Geheimnisse wird dieses Genom lüften?
Cephalopoden beherrschten einst die Meere, und viele ausgestorbene Gruppen wie Belemniten und Ammoniten waren furchterregende Meeresräuber. Spirula ist der einzige lebende Kopffüßer mit einer gewundenen Schale und der nächste lebende Verwandte der fossilen Belemniten. Das Genom von Spirula wird helfen, alte Biomineralisationswege bei Mollusken und die Beziehungen zwischen lebenden Tintenfischen und Sepien zu verstehen.
Polymita picta, Foto: Bernando Reyes-Tur
Polymita picta, die Kubanische Landschnecke
Was sind das für Tiere?
Eine einzigartige, aber vom Aussterben bedrohte kubanische Schnecke, die für ihre leuchtenden Schalenfarben und ihrem rätselhaften Liebespfeil, ein Kalkpfeil, der zum Stechen von Paarungspartnern benutzt wird, berühmt ist.
Wo leben sie?
Nur in Kuba, entlang eines schmalen Küstenstreifens, wo sie sich von Moosen und Flechten auf den Baumrinden ernähren. So helfen sie, Bäume gesund zu halten, und unterstützen damit die lokale Landwirtschaft, wie z.B. Kaffeeplantagen.
Wie sehen sie aus?
Möglicherweise sind sie die am schönsten gefärbten Schnecken der Welt, 2-3 cm groß, in gelb, braun, rot, grün, weiß, schwarz oder orange, mit eleganten Spiralbändern. Sie sind gleichzeitig männlich und weiblich, haben ihre Paarungszeit in der Regenzeit mit einer aufwendigen und überraschenden Paarung und leben etwa ein Jahr lang.
Welche Geheimnisse wird dieses Genom lüften?
Die Genominformationen werden die Grundlage für das Verständnis molekularer Prozesse bilden, die für den Farbpolymorphismus, die Paarungsphysiologie und die Ökologie dieser Art wichtig sind. Diese Schnecken sind aufgrund von Lebensraumverlust und Wilderei stark vom Aussterben bedroht. Die genomischen Ressourcen werden nicht nur dabei helfen, die Größe und Vielfalt der verbleibenden Population zu bestimmen, sondern werden auch die Erhaltung ihres Ökosystems fördern.
Argonauta argo, Foto: Marco Gargiulo
Argonauta argo, der Große Argonaut
Was sind das für Tiere?
Der Große Argonaut auch als Papiernautilus bekannt, ist ein pelagischer Oktopus. Die komplexe, harte, aber papierdünne Eihülle, die nur von den Weibchen ausgebildet wird, dient zum Ausbrüten ihrer Jungen, aber auch als Schwimmhilfe und Schutz der Weibchen selber. So sehen die Weibchen zusammen mit ihrer aufgerollten Eihülle ein wenig wie ein Nautilus aus. Der Große Argonaut hat mehrere Gedichte und Romane inspiriert und findet z.B. Erwähnung in dem Roman „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“ von Jules Verne. Seit Aristoteles wurde angenommen, dass diese Kreaturen ihr großes Paar Rückenarme als Segel oder Ruder und ihre Gehäuse als Schiff benutzen, um ungeachtet der Gefahren über die Meeresoberfläche zu treiben.
Wo leben sie?
Argonauta argo kommt im Mittelmeer vor und wird aufgrund seiner pelagischen Lebensweise als Astronaut der Meere betrachtet. Begenungen mit Menschen sind selten. Während die meisten Krakenarten auf dem Meeresboden leben, ist der Große Argonaut dafür bekannt in der Nähe der Meeresoberfläche zu schwimmen.
Wie sehen sie aus?
Die Weibchen sind große Kraken, bis zu 30 cm lang, mit speziell angepassten, extra breiten Armen um die Schalenhülle zu bilden, mit der sie herumfahren. Sie beginnen mit der Bildung ihrer Eihülle, wenn sie etwa 7 mm lang sind, während die Männchen nicht weiter wachsen und daher wesentlich kleiner als die Weibchen sind. Argonauten sind auch gefräßige Raubtiere, sie beißen ihre Beute und injizieren ein in ihrer Speicheldrüse produziertes Gift.
Welche Geheimnisse wird dieses Genom lüften?
Argonauten sind eine frühe Verzweigungslinie innerhalb der Octopoda, was bedeutet, dass sie möglicherweise einige Merkmale der Vorfahren der Oktopusse beibehalten haben. Ihre „Schale“ besteht vollständig aus Kalzit und hat keine gasgefüllten Kammern. Sie wird durch zwei modifizierte Arme erzeugt – eine evolutionäre Neuerung, die einzigartig für die Gattung Argonauta ist! Die Sequenzierung des Genoms könnte endlich Aufschluss über dieses und andere langwierige Rätsel um diese Art geben.
Congeria kusceri, Foto: Vedran Jalžić
Congeria kusceri, die Höhlenmuschel
Was sind das für Tiere?
Stark gefährdete Relikte, einer einst weit verbreiteten Gattung. Congeria spp, sind die einzigen bekannten Süßwassermuscheln, die Höhlen bewohnen.
Wo leben sie?
Congeria kusceri beherrscht seit 5 Millionen Jahren erfolgreich die soziale Distanzierung. Sie lebt in abgelegenen unterirdischen Karsthöhlensystemen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina, wo sie alle Umweltstörungen überlebte, die zum Aussterben aller anderen Congeria-Arten führten.
Wie sehen sie aus?
Diese kleinen, blassen Muscheln, deren Morphologie sich seit Millionen von Jahren nicht wesentlich verändert hat, leben in reinem Wasser in dunklen, nahrungsarmen unterirdischen Höhlen.
Welche Geheimnisse wird dieses Genom lüften?
Wie viele Höhlentiere hat Congeria kusceri zahlreiche Anpassungen entwickelt, wie Albinismus, Verlust des Sehvermögens (ja, andere Muscheln haben lichtempfindliche Organe!) und extreme Langlebigkeit. Dennoch ist sie mit bekannten Oberflächen Arten, wie der invasiven Zebramuschel eng verwandt. Der Vergleich der Höhlenmuschel mit ihren Verwandten könnte die Wege zur Höhlenanpassung und Invasivität aufzeigen.